Lieber lösen als leiden
Main-Echo Pressespiegel

Lieber lösen als leiden

Kahlgründig
Mömbris/Westerngrund  Neu­lich in der Bä­cke­rei in Möm­b­ris: Es ist Mit­tags­zeit, der Ma­gen knurrt. So auch ei­nem klei­nen Bub, der bei der net­ten Ver­käu­fe­rin nach­fragt, ob noch war­mer Le­ber­kä­se zu be­kom­men sei. Die Frau be­jaht und kurz dar­auf hält der hung­ri­ge Nach­wuchs-Kun­de sein Le­ber­käs­bröt­chen in der Hand.

Doch dann der Schreck: 2,20 Euro soll die Leckerei kosten, doch der Bub hat nur noch ein Zwei-Euro-Stück im Portemonnaie. Was tun?

Während in anderen Gegenden nun ein komplizierter Rückabwicklungsprozess (»Gabi, Storno bitte an Kasse 2!«) in Gang gesetzt werden müsste, sind die Kahlgründer lösungsorientiert. »Dann bringst du mir die 20 Cent eben beim nächsten Mal vorbei, in Ordnung?« baut die freundliche Verkäuferin dem jungen Mann eine Brücke - und dürfte in ihm und der danebenstehenden Zuhörerin auf ewig treue Kunden haben.

Auch in Westerngrund lässt sich die pragmatische Herangehensweise an das Leben und seine Herausforderungen beobachten. Mit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union am 1. Juli 2013 verschob sich der Mittelpunkt der EU von Gelnhausen-Meerholz nach Westerngrund. Zu einer großen Mittelpunkts-Feier reiste sogar der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach Westerngrund.

Der Mittelpunkt-Platz befindet sich schön angelegt an der Straße nach Großkahl, an verschiedenen Stellen weisen Schilder Auswärtigen den Weg zu diesem besonderen Ort. Doch seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU im Jahr 2020 befindet sich der EU-Mittelpunkt nicht mehr im Kahlgrund, sondern in Gadheim, einem Ortsteil von Veitshöchheim im Kreis Würzburg.

Andernorts hätten sie womöglich direkt nach dem Verlust des besonderen Titels unter Jammern und Wehklagen die Bauhofmitarbeiter losgeschickt, um mindestens die Schilder abmontieren zu lassen. Nicht so in Westerngrund: Die Hinweise auf den EU-Mittelpunkt sind geblieben. Allerdings rahmen die nachträglich aufgebrachten Jahreszahlen 2013 und 2020 den Text nun ein. Alles hat seine Richtigkeit und der Aufwand war minimal.

Noch einmal zurück nach Mömbris: Dank lösungsorientiertem Tüfteln hat eine Sozialeinrichtung dort kürzlich ein Zuhause gefunden. Das Gebäude befindet sich im Hochwassergebiet der Kahl, was für die Sozialeinrichtung eine Schwierigkeit darstellte. Der Hauseigentümer habe das Gebäude nun mit Schotten so hochwasserfest gemacht, dass die Tagesstätte einziehen kann, zeigte sich die Betreiberin im Gespräch mit unserem Medienhaus erfreut. Billig war das gewiss nicht, aber nun hat der Eigentümer einen langfristigen Mieter. Und vermutlich wird auch er beim nächsten Hochwasser froh über die Investition sein.

10.06.2024
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