Kirchenkonflikt im Kahlgrund: Pfarrer Hartung wirft hin
Main-Echo Pressespiegel

Kirchenkonflikt im Kahlgrund: Pfarrer Hartung wirft hin

Bischof baut in Ungnade gefallenem Diakon Glaser eine Brücke
Mömbris/Schöllkrippen  Pau­ken­schlag im Kahl­grün­der Kir­chen­kon­f­likt um den su­s­pen­dier­ten Dia­kon Rein­hold Gla­ser, mit dem sich zu­letzt so­gar der Va­ti­kan be­fas­sen muss­te: Pfar­rer And­reas Har­tung wirft of­fen­bar ent­nervt hin und wird schon zum 30. No­vem­ber von sei­nem Amt als Teamp­f­ar­rer im Pa­s­to­ra­len Raum Kahl­grund entpf­lich­tet. Bi­schof Franz Jung über­trägt ihm ei­ne neue Auf­ga­be im Kreis Kit­zin­gen und setzt als kom­mis­sa­ri­schen Nach­fol­ger den Kah­ler und Karl­stei­ner Pfar­rer Ma­ri­usz Ko­wal­ski ein. Gleich­zei­tig baut der Würz­bur­ger Ober­hir­te dem in Un­g­na­de ge­fal­le­nen Gla­ser in ei­nem am Wo­che­n­en­de ver­b­rei­te­ten Brief an die Gläu­bi­gen ei­ne Gol­de­ne Brü­cke zur »Rück­kehr in die vol­le Ge­mein­schaft mit der Ka­tho­li­schen Kir­che« und spricht von der Hoff­nung auf ei­nen »Neu­an­fang«.

Der Brief des Bischofs wurde am Sonntag in den Gottesdiensten im Pastoralen Raum Kahlgrund (zu ihm gehören alle Gemeinden der Pfarreiengemeinschaften »Mittlerer Kahlgrund« um Mömbris, »Christus Immanuel« um Krombach und »Christkönig Oberer Kahlgrund« um Sommerkahl und Schöllkrippen) verlesen - unter anderem in Königshofen, wo Reinhold Glaser in der ersten Reihe saß. In den an den Gottesdienst anschließenden Reden zur zentralen Mömbriser Gedenkfeier zum Volkstrauertag spielte die Causa Glaser/Hartung keine Rolle, doch natürlich beschäftigte sie die Menschen. Die Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats Würzburg (POW) hatte den Brief des Bischofs um die Mittagszeit veröffentlicht, er machte in Insiderkreisen schon am Vorabend die Runde.

Demnach wechselt Pfarrer Hartung (41) »auf eigenen Wunsch« in den Pastoralen Raum St. Benedikt-Schwarzach am Main. Dort werde er ab 1. Februar mit Dienstsitz in Volkach wirken. Hartung war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der gebürtige Lohrer hatte nach dem Hauptschulabschluss bis 2008 zunächst als Schreiner gearbeitet und war als Spätberufener 2014 zum Priester geweiht worden. Erst 2020 kam er aus dem Dekanat Haßberge als Pfarrer in die Pfarreiengemeinschaften Christus Immanuel und Mittlerer Kahlgrund. 2021 wurde er zusätzlich Pfarradministrator von Ernstkirchen-Schöllkrippen, Kleinkahl sowie für Sommerkahl und Königshofen. 2022 wurde er Teampfarrer und Moderator des Pastoralen Raums Kahlgrund. Den Posten des Moderators übernimmt nun kommissarisch Pfarrer Mariusz Kowalski aus dem Pastoralen Raum Alzenau. Der 47-Jährige stammt aus Polen und ist seit 2017 Seelsorger in Kahl, von 2009 bis 2013 war er Kaplan in Mömbris.

Reinhold Glaser (68) war 1998 bis 2008 für die CSU Bürgermeister in Mömbris, seit 2016 war er als Diakon im Nebenberuf in den Pfarreiengemeinschaften in Mömbris und Krombach tätig. Anfang 2022 stellte ihn die Diözese für den Pastoralen Raum außer Dienst. Hintergrund war eine Auseinandersetzung unter anderem über Taufen, Ehejubiläen und Beerdigungen: Pfarrer Hartung wollte eine einheitliche Regelung, Glaser mehr zeitliche Flexibilität. In der Folge schaukelte sich der Konflikt immer weiter hoch, eine Petition mit 1700 Unterschriften stützte Glaser, Schlichtungen scheiterten; der Bischof weitete die Dienstuntersagung auf die gesamte Diözese aus und erließ später ein inzwischen vom Vatikan bestätigtes Strafdekret. Der Zwist zwischen Kirchenführung und Teilen der Basis droht offenbar den Pastoralen Raum zu zerreißen.

In seinem Brief betont der Bischof nun, dass Glaser weiter suspendiert sei. Auch sei ihm verboten, sein Mandat als Pfarrgemeinderat wahrzunehmen. Seine »Alleingänge« der Vergangenheit hätten »zerstörerische Wirkung« für die gesamte kirchliche Gemeinschaft - »auch wenn sie seelsorgerisch noch so gut gemeint sein mögen«. Eine Art »Diakon in Freiheit« gebe es nicht. Aber, so der Bischof weiter: Die Suspendierung könne »jederzeit« aufgehoben werden - »wenn der Wille zur Umkehr und zur Rückkehr in die volle Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche gegeben ist«. Der Bischof setzt offenbar auf die »Einsicht« Glasers und seiner Unterstützer und fordert eine »Klärung«.

Pfarrer Hartung habe »gerade in Zeiten des Konfliktes« versucht, das Team zu einen und die Seelsorge sicherzustellen. Seine Arbeit als Moderator sei »vorbildlich« gewesen - »trotz der außergewöhnlichen Belastung durch die genannten Alleingänge Diakon Glasers«. Sie sei aber auch »kräftezehrend« gewesen. Hartung habe einen »unbeschwerten Neubeginn« in einem anderen Raum verdient. »Die Berge der Missverständnisse und Verletzungen müssen abgetragen werden«, heißt es im Brief des Bischofs weiter. Die »tiefen Täler der Niedergeschlagenheit« sollten aufgefüllt werden.

Wie dies gelingen kann, ist unklar. Reinhold Glaser sagte am Sonntag gegenüber der Redaktion, er habe nie gewollt, dass Pfarrer Hartung geht. Er hätte sich einen »Neuanfang« durch eine »Lösung vor Ort« gewünscht. Gleichwohl teile er die Hoffnung des Bischofs auf Aufbruchstimmung im Pastoralen Raum - nicht nur wegen der Personalie Hartung. Schließlich zeichne sich ab, dass Jubiläumsgottesdienste wieder möglich sein sollen, Requien zur Beisetzung und Taufsamstage. »Das habe ich schon lange gefordert.«

Zugleich macht Glaser deutlich, dass er die Suspendierung durch den Bischof nicht anerkenne: Diese sei so lange nicht wirksam, so lange Rom nicht über seine erst am Donnerstag versandte Beschwerde entschieden habe. Mitarbeit: Dominik Schaack

19.11.2023
mehr unter www.main-echo.de
Schließen Drucken Nach Oben